FFZ18 Short-List: Philip Gröning „Mein Bruder heisst Robert und ist ein Idiot“
Das junge Zwillingsgeschwisterpaar Elena und Robert begibt sich auf ein idyllisches Feld vor einer Tankstelle und widmet sich – ein Leitmotiv in Philip Grönings Œuvre – der Zeit. Elena hat in zwei Tagen ihre mündliche Abiturprüfung in Philosophie, eben mit Schwerpunkt Zeitphilosophie, weshalb sie sich mit Denkern wie Augustinus und Heidegger auseinandersetzen muss. Ihr Bruder Robert hilft ihr beim Lernen, aus Reclam-Heftchen, Karteikarten, Zetteln, Notizbüchlein etc., das sie um sich herum auf dem Feld verteilen. Robert gibt sich der Lektüre und dem Denken enthusiastisch hin. Elena ist pragmatischer und gleichzeitig von Eifersucht abgelenkt, denn Robert hat vielleicht mit einer ihrer Klassenkameradinnen geschlafen. Sie wettet mit ihm, dass sie noch vor der Abiturprüfung mit einem Mann schlafen wird. Was zu Verführungsszenen rund um die Tankstelle und – im letzten Drittel des Films – zu einer gewalttätigen Eskalation führt. Gröning komponiert mit der Kamera betörende Naturaufnahmen und lässt die Tankstelle als eine Art Raumschiff inmitten dieser Landschaft erscheinen.
„Mein Bruder heisst Robert und ist ein Idiot“ hatte Premiere im Wettbewerb der Berlinale 2018, wurde von wenigen Kritikern regelrecht gehasst, von vielen begeistert aufgenommen und als absolut verdienter Kandidat für den Goldenen Bären gehandelt. Wer dieses verstörende, bildschön gefilmte, heiß diskutierte Kinoereignis auf großer Leinwand erlebt, wird es nicht vergessen.